Polio

1. Die Erkrankung

1.1 Der Erreger

 Der Auslöser für die Poliomyelitis (auch Kinderlähmung genannt) ist eine Infektion mit dem Poliovirus. Dieses Virus, das in 3 verschiedenen Variationen vorkommt, gehört zu der Familie der Enteroviren und befällt natürlicherweise nur den Menschen. Enteroviren sind eine Gruppe von Viren, die vornehmlich den Magen-Darm-Trakt befallen. Es ist ein RNA-Virus (= Virus mit einzelsträngigem Erbgut) und besitzt keine Hülle, dadurch ist es unangreifbar für lipidlösliche Desinfektionsmittel. Eine Händedesinfektion schützt aber vor dem Erreger, wenn sie mit einem Desinfektionsmittel der Klasse B (viruzid, Einteilung durch das Robert Koch-Institut (RKI)) durchgeführt wird, z.B. mit Chloramin T oder Aseptoman®Viral. Außerdem ist das Poliovirus, wie alle Vertreter der Enteroviren, säurestabil und resistent gegen viele Verdauungsenzyme, wodurch es die Magen-Darm-Passage im menschlichen Körper überleben kann.1-4

 

1.2 Epidemiologie

Das Poliovirus war vor Einführung der flächendeckenden Impfung (1988) weltweit verbreitet, wodurch sich die meisten Menschen schon im Kindesalter ansteckten – daher ist auch der Name Kinderlähmung ein Synonym für die Krankheit.1

Durch die Impfung ist die Inzidenz der Infektion stark gesunken; trotzdem gibt es weltweit noch Endemie-Gebiete (u.a. Afghanistan, Pakistan) und dadurch auch immer wieder „importierte“ Fälle aus Ländern mit niedriger Impfquote, was die Polio-Impfung immer noch unumgängliche macht. Erklärtes Ziel der WHO ist die Eradikation des Virus (vollständige Eliminierung weltweit). Das ist möglich, weil der Mensch den einzigen Wirt darstellt.1,5,6

Die Übertragung erfolgt durch fäkal-orale Infektion (Schmierinfektion), wobei der Erreger durch verschmutztes Wasser, kontaminierte Getränke oder Nahrung aufgenommen wird oder über mit Körperflüssigkeiten verunreinigte Gegenstände, und selten durch Tröpfcheninfektion. Am häufigsten von der Infektion betroffen sind Kinder und junge Erwachsene.2,5

 

1.3 Pathogenese

Die Inkubationszeit dauert 3 – 35 Tagen (durchschnittlich 1 – 2 Wochen). In dieser Zeit kann das Poliovirus vom Magen-Darm-Trakt, wo es sich vermehrt, über die Blutgefäße bis in das zentrale Nervensystem (ZNS) gelangen, bevorzugt in die graue Substanz des Rückenmarks. Hier kann es Nervenfasern schädigen und Entzündungen auslösen, die zu Lähmung und Abbau bestimmter Muskeln führen.1-2

Über 90% der Infektionen verlaufen ohne Symptome. Bei klinisch-manifesten Infektionen, die mit Symptomen auftreten, wird zwischen Poliomyelitis ohne ZNS-Beteiligung und mit ZNS-Beteiligung unterschieden.

Eine Poliomyelitis ohne ZNS-Beteiligung wird auch abortive Poliomyelitis genannt, sie tritt mit einer Häufigkeit von 4 – 8% aller Infizierten auf. Hierbei kommt es 5 – 7 Tage nach der Infektion zu unspezifischen Symptomen wie Fieber, Erbrechen, Durchfall oder Kopf- und Muskelschmerzen. Diese Form der Erkrankung verläuft ohne Beteiligung von Zellen des ZNS und kann entweder folgenlos ausheilen oder in eine Infektion mit Beteiligung des ZNS übergehen.1,2,5

Die beiden Arten der Poliomyelitis mit ZNS-Beteiligung umfassen die nicht-paralytische und die paralytische Poliomyelitis. Erstere tritt mit einer Häufigkeit von 2 – 4% aller Infizierten auf und wird auch aseptische Meningitis genannt. Sie beginnt 3 – 7 Tage nach einer abortiven Poliomyelitis und äußert sich in Kopf- und Rückenschmerzen sowie in Nackensteifigkeit und Muskelkrämpfen.

Die paralytische Poliomyelitis tritt bei 0,1 – 1% aller Infizierten 2 – 3 Tage nach einer nicht-paralytischen Poliomyelitis auf, oftmals nach einer kurzen Phase der Besserung. Es kommt erneut zu einem Fieberanstieg, starken Kopf-, Rücken- und Muskelschmerzen und jetzt auch zu Muskelparesen (akute, schlaffe Lähmungen). Davon sind Kinder deutlich häufiger betroffen als Erwachsene. Die Lähmungen treten typischerweise asymmetrisch auf und vor allem in der Beinmuskulatur, aber auch die Muskeln in Armen, Thorax, Augen und Bauch können betroffen sein. Kennzeichnend ist die oft nur unvollständige Rückbildung der Lähmungen nach überstandener Infektion.1,2,5

Eine Komplikation der Infektion mit dem Poliovirus ist die sogenannte bulbäre Form, bei der das Virus auch den Hirnstamm befällt und hier durch Schädigung von Nervenzentren zu einer zentralen Lähmung der Atemmuskulatur führen kann. Diese selten auftretende Form der Erkrankung verläuft meist tödlich.5

Infizierte Personen sind so lange ansteckend, wie sie das Virus über den Darm ausscheiden. Diese Periode beginnt in der Regel 2 – 3 Tage nach Infektion und dauert ungefähr 6 Wochen.1

 

1.4 Immunreaktion

Bei einem asymptomatischen Verlauf, der in über 95% der Fälle vorliegt, kommt es im Körper zur Bildung neutralisierender Antikörper und damit zur Immunisierung. Dieser Prozess der symptomlosen Immunantwort wird auch als „stille Feiung“ bezeichnet.

Bei der manifesten Poliomyelitis zeigt sich die Immunantwort durch grippeähnliche Symptome, die nach einigen Tagen abheilen können.

In seltenen Fällen sind die oben beschriebenen Lähmungserscheinungen durch ZNS-Beteiligung möglich.. Auch bei der Poliomyelitis mit ZNS-Beteiligung zeigt sich die Immunantwort durch hohes Fieber, hier allerdings auch begleitet von starken Muskel- und Gelenkschmerzen. Infolge der infektionsbedingten Einwanderung von Leukozyten ins Rückenmark und der dadurch entstehenden Entzündungsreaktion, werden die Nervenzellen im Rückenmark zerstört und es kommt zu Lähmungen.2,8

 

1.5 Therapie

Die Therapie erfolgt symptomatisch, da für Poliomyelitis keine spezifischen antiviralen Substanzen auf dem Markt sind.

Bei Vorliegen einer paralytischen Poliomyelitis können durch intensive Physio- und Ergotherapie über mehrere Jahre hinweg Lähmungen teilweise und Paresen – also unvollständige Lähmungen – nahezu vollständig therapiert werden.

Ist die Atemmuskulatur von Lähmungen betroffen, muss unterstützend auf maschinelle Beatmung zurückgegriffen werden.2

 

1.6 Spätfolgen einer Infektion

 Trotz der Therapiemöglichkeiten können leichte bis schwere Folgeschäden auftreten, zum Beispiel Osteoporose, Gelenkfehlstellungen und Wirbelsäulenverschiebungen.
Eine besonders schwerwiegende Spätfolge ist die Entwicklung des Postpolio-Syndroms, bei dem Jahre oder Jahrzehnte nach der Erkrankung Paresen mit Muskelschwund auftreten. Hinzu kommen starke Schmerzen und Erschöpfungszustände. Vermutungen zufolge ist eine Überlastungs-Degeneration der bei der ursprünglichen Erkrankung nicht geschädigten Nervenzellen für das Postpolio-Syndrom verantwortlich.2

 

2. Der Impfstoff

Gemäß der Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) erfolgt die Grundimmunisierung mit IPV (inaktivierte Poliomyelitis-Vakzine). Dazu zählen zum Beispiel Imovax Polio oder Boostrix Polio (hier in Kombination mit Tetanus, Diphtherie und Keuchhusten).

Der Lebendimpfstoff OPV (orale Poliomyelitis-Vakzine) wird seit 1998 nicht mehr empfohlen, da in Deutschland in seltenen Fällen (ein bis zwei Mal jährlich) Vakzine-assoziierte paralytische Poliomyelitis-Erkrankungen aufgetreten sind. Deshalb wird er in Deutschland auch nicht mehr angewendet.1

 

2.1 Wirkmechanismus

Die verwendeten Tot- und Lebendimpfstoffe bewirken eine aktive Immunisierung des Körpers: Die in der Impfung enthaltene Erreger (je nach Impfung entweder abgetötet oder abgeschwächt) werden nach Eindringen in den Blutkreislauf von weißen Blutkörperchen aufgrund ihrer dem Körper unbekannten Oberflächenstruktur erkannt, woraufhin die Immunantwort ausgelöst wird. 
Teil dieser Immunantwort ist die Ausbildung von Gedächtniszellen, die bei erneutem Kontakt mit dem Erreger sofort aktiviert werden und ein Ausbrechen der Infektion verhindern können.11

 

2.2 Inhaltsstoffe und Herstellung

Für die Herstellung des inaktivierten Polioimpfstoffes (seit 1955 verfügbar) werden zunächst infektiöse Polioviren in Zellkulturen einer Affenart, der grünen Meerkatze, angereichert, woraus im Anschluss eine aufgereinigte Virussuspension erzeugt wird. Diese Suspension wird mit Formaldehyd behandelt, um die Viren zu inaktivieren und ihre Vermehrung zu unterbinden. Zum Schluss wird überschüssiger Formaldehyd entfernt und der Impfstoff mittels ELISA (enzyme-linked-immunosorbent-assay)-Tests und Testimpfungen an Ratten hinsichtlich des Antigengehalts und der vom Organismus gebildeten Antikörper überprüft.12 Der Impfstoff kann entweder als Einzelimpfstoff (monovalent) oder als Kombinationsimpfstoff eingesetzt werden. Beim Kombinationsimpfstoff, der heutzutage bevorzugt verwendet wird, gibt es zum Beispiel die 4-fach Impfung (gegen Tetanus, Diphtherie, Poliomyelitis, Keuchhusten) oder die 6-fach Impfung (gegen Tetanus, Diphtherie, Poliomyelitis, Keuchhusten, Haemophilus Influenzae Typ B, Hepatitis B).14,15

Die Anwendung des oralen Polioimpfstoffes (seit 1961 verfügbar) wird seit 1998 in Europa nicht mehr empfohlen. Wegen seiner höheren Wirksamkeit im Vergleich zu IPV, der einfacheren Handhabung und wegen geringerer Kosten (<0,20 USD pro Dosis gegenüber IPV 1-3 USD pro Dosis) wird er in Ländern, in denen Polio noch auftritt, trotzdem weiterhin verwendet.13 Die Herstellung erfolgt hierbei mittels Vervielfältigung abgeschwächter Viren in humanen Zellen, wobei die Viren durch Mutationen keine Poliomyelitis mehr auslösen können. Danach folgen wieder die bereits beschriebenen Aufreinigungs- und Testverfahren.12

 

2.3 Impfwirkungen und -nebenwirkungen

Die Impfwirkung tritt bereits nach zwei Impfungen ein und schützt die Geimpften vor allem vor den Lähmungen, die eine Infektion zur Folge haben kann. Dabei haben die Umgebungsbedingungen (z.B. schlechte Hygiene, Ernährungssituation) keinen negativen Einfluss auf den Erfolg der Impfung.

Die Erhöhung der Immunität nach Auffrischen der Impfung ist nach IPV-Gabe wesentlich geringer als nach OPV-Gabe, da beim oralen Impfstoff nicht nur Antikörper im Blut, sondern auch in den Darmschleimhäuten gebildet werden.

So ist trotz erfolgter IPV-Impfung zum Beispiel eine Infektion über kontaminiertes Trinkwasser weiterhin möglich, diese verläuft dann aber symptomarm oder gänzlich symptomfrei.

Ein weiterer Vorteil der OPV-Impfung besteht in der teilweisen Ausscheidung des Impfvirus nach der Impfung, wodurch auch Kontaktpersonen „passiv mitgeimpft“ werden können. Das kann zur Herdenimmunität und damit zu einer deutlich erhöhten Wirksamkeit führen. Aus diesem Grund wird der Lebendimpfstoff in Gebieten, in denen das Poliovirus noch vermehrt auftritt, zur besseren Bekämpfung der Krankheit verwendet.16

Bei Personen, die an einer Immunschwäche leiden, darf der Lebendimpfstoff nicht angewandt werden. Ein weiteres Ausschlusskriterium sind Überempfindlichkeiten gegen Inhaltsstoffe der Impfung.12,17
Die Applikation des Totimpfstoffs ist generell gut verträglich, es können Schmerzen und Schwellungen an der Injektionsstelle auftreten (Beispiel Boostrix Polio: bei mehr als 1 von 10 Impfungen möglich). Selten kann es zu allgemeinen Symptomen wie leicht erhöhter Temperatur oder Kopf- oder Bauchschmerzen kommen (Beispiel Boostrix Polio: bei bis zu 1 von 10 Impfungen möglich).27 In Einzelfällen wurden auch allergische Reaktionen beobachtet.

Beim Lebendimpfstoff kann es zu Kopfschmerzen, Erbrechen und Durchfall und in besonders seltenen Fällen (1 Mal pro 2,7 Mio. Dosen Impfstoff) zu einer Vakzine-assoziierten paralytischen Poliomyelitis mit Lähmungen für mindestens 6 Wochen kommen. Diese Nebenwirkung kann nicht nur beim Geimpften, sondern auch bei Kontaktpersonen auftreten.12,17

 

Aluminium

Viele in Deutschland zugelassene Polio-Impfstoffe enthalten Aluminiumhydroxid. Das ist eine nicht-metallische Verbindung, es handelt sich also nicht um reines Aluminium.

Dieser Stoff wird benötigt, damit inaktivierte Impfstoffe, zu denen auch die Polio-Vakzine gehört, im Körper eine ausreichend hohe Immunisierung hervorrufen können.

Der Gehalt an Aluminiumverbindungen einer Impfstoff-Dosis wird dabei vom Europäischen Arzneibuch auf maximal 1,25 mg begrenzt, die meisten Impfstoffe enthalten sogar weniger (Beispiel Boostrix Polio: 0,5 mg Aluminiumhydroxid). Damit trägt der Gehalt an Aluminiumverbindungen mancher Impfstoffe nur minimal zur täglichen Aluminium-Aufnahme des Menschen bei (zum Beispiel über Luft, Nahrung und Wasser). Die duldbare Menge an Aluminium, die wöchentlich aufgenommen werden kann, beträgt 1 mg pro kg Körpergewicht (z.B. 70 mg pro Woche bei einem 70 kg schweren Menschen). Der Körper kann den Großteil davon (98 - 99%) schnell wieder ausscheiden.24-27

 

3. Aktuelles 

Die letzte nachgewiesene Poliomyelitis durch ein Wildvirus (= in der Natur vorkommendes, unverändertes Virus) wurde in Deutschland im Jahr 1990 erfasst. Seitdem wurden nur noch wenige Fälle registriert, wie z.B. 1992 zwei importierte Fälle aus Indien und Ägypten. Trotz des weltweit starken Rückgangs der Poliomyelitis kann diese aufgrund des internationalen Reiseverkehrs und Migration nicht völlig ausgeschlossen werden. Die Impfung gegen Poliomyelitis ist also nach wie vor notwendig bis weltweit nachweislich keine Polioviren mehr zirkulieren.7

 

4. Auffrischung und Impfung im späteren Lebensalter

Nach der vollständigen Grundimmunisierung im Kindesalter sollte eine Auffrischimpfung im Alter von 9 - 16 Jahren erfolgen, damit wird ein langanhaltender Impfschutz gewährleistet.

Wenn mit der Grundimmunisierung und einer Auffrischimpfung insgesamt vier Impfungen gegen Poliomyelitis dokumentiert sind, werden keine weiteren Auffrischungen des Wirkstoffs nach dem 18. Lebensjahr mehr empfohlen.

Ist die Grundimmunisierung nicht im Kindesalter erfolgt, kann und sollte diese jederzeit nachgeholt werden. Nach der Grundimmunisierung im Erwachsenenalter wird eine einmalige Auffrischimpfung mit einem Abstand von mindestens 10 Jahren nach der letzten verabreichten Impfdosis der Grundimmunisierung empfohlen.

Bei Indikationen wie z.B. einer Reise in ein Gebiet mit erhöhtem Infektionsrisiko sind ggf. weitere Auffrischimpfungen notwendig.7,9

 

5. STIKO-Stellungnahme

Die Poliomyelitis-Impfung sollte laut STIKO seit 1998 vom Lebendimpfstoff (OPV) auf die inaktivierte Impfform (IPV) umgestellt werden. Allerdings nutzen weiterhin viele Länder die aktive Form, da diese als Schluckimpfung verabreicht werden kann. Das ist billiger als die IPV, die in Form einer Spritze gegeben wird.

Die STIKO empfiehlt eine Grundimmunisierung beziehungsweise eine Erstimmunisierung immer in Kombination mit anderen Impfstoffen, beispielsweise Tetanus, Diphtherie, Pertussis (Keuchhusten), Hepatitis B und/oder Haemophilus influenzae B. Eine erste Immunisierung sollte im Alter von 2-11 Monaten erfolgen, damit diese über ein 2 + 1 Schema erfolgen kann. Das bedeutet, dass die ersten beiden Impfungen ab dem 2. Lebensmonat mit einem Abstand von 2 Monaten erfolgen, die 3. dann erst mit einem Abstand von mindestens 6 Monaten (im 11. Lebensmonat), um einen Langzeitschutz zu erreichen. Dies hat den Vorteil, dass ein Impftermin gespart wird und somit der Impfplan vereinfacht und gleichzeitig europäisch einheitlicher wird.

Außerdem erwartet die STIKO dadurch eine erhöhte Bereitschaft für die Impfungen, eine Entlastung der Arztpraxen sowie weniger Lieferengpässe.

Kann das Kind allerdings nicht in dem vorgegebenen Zeitraum geimpft werden oder handelt es sich um ein Frühgeborenes, so sollte die die Impfung laut STIKO nach dem 3 + 1 Schema erfolgen. Hierbei sollte die Impfung im zweiten, dritten, vierten und im 11. bis 14. Lebensmonat erfolgen. Die Grundimmunisierung wird auch empfohlen bei unbekanntem Impfstatus, welcher unabhängig vom Alter des Patienten ist. In einem solchen Fall erhält der Patient die ersten drei Impfungen im Abstand von einem Monat und die letzte Dosis spätestens zehn Monate nach der dritten Impfung. Somit kann laut STIKO eine Grundimmunisierung erzeugt werden.

Im Jugendalter oder, bei später geimpften Personen, 10 Jahre nach der Grundimmunisierung, erfolgt eine Auffrischungsimpfung. Nach dieser besteht dann ein lebenslanger Schutz vor der Krankheit und weitere Impfungen sind nicht nötig. Eine Ausnahme davon stellen Personen dar, die beruflich einem erhöhten Ansteckungsrisiko ausgesetzt sind. Das kann zum Beispiel Personal sein, welches mit Erkrankten beziehungsweise deren Ausscheidungen zu tun hat, oder eine Person, die oft in Gebiete reist, in denen Polio noch auftritt (zum Beispiel Afghanistan und Pakistan). Auch sollte jeder, der Kontakt mit einem Polioerkrankten hatte, unabhängig vom Impfstatus nochmals eine Auffrischungsimpfung erhalten.7,17,18,19

 

6. Impfempfehlungen in anderen Ländern 

Seit 2002 ist Europa, und seit Kurzem auch Afrika, weitgehend Polio-frei. Dennoch ist noch kein Land vor dem Poliovirus wirklich geschützt, da es immer wieder zu vereinzelten Ausbrüchen kommt. Somit wird generell die Polio-Impfung empfohlen, in einigen Ländern ist diese sogar vorgeschrieben. Vor allem sollte man sich impfen lassen, wenn man in noch betroffene Gebiete wie Pakistan und Afghanistan reist.

In ärmeren Ländern wird, wie bereits oben beschrieben, eine Impfung mit abgeschwächten Lebendviren bevorzugt, da dieser erstens kostengünstiger ist und es indirekt zu einer Immunisierung nicht Geimpfter kommen kann. Dies wird durch schlechte sanitäre Einrichtungen sogar begünstigt, da das abgeschwächte Impfvirus über den Magen-Darm-Trakt ausgeschieden wird. Außerdem ist hierfür eine Schluckimpfung ausreichend, die kein speziell geschultes Personal und sterile Spritzen erfordert.

Allerdings sollte eine Immunisierung mit dem inaktivierten Impfstoff die erste Wahl sein, weil somit die Risiken durch eine Zirkulation der Impfstoffe verringert wird. Diese könnten in seltenen Fällen durch Mutationen als veränderte Impfviren zu Risiken führen, wenn sie frei zirkulieren.

In Europa wird die Polioimpfung ab dem zweiten Monat empfohlen. Es erfolgt dann die Immunisierung zumeist in drei bis vier Dosen, ähnlich dem 3+1 Schema in Deutschland. Die ersten drei erfolgen in vielen Ländern im Abstand von einem Monat und die letzten Impfungen der Grundimmunisierung sollte spätestens im zweiten Lebensjahr erfolgen. Auch sollte das Kind im 4.-14. Lebensjahr noch einmal eine Auffrischung der Impfung bekommen.

In 14 europäischen Ländern gibt es eine Impfpflicht für bis zu elf Krankheiten. Zum Beispiel in Italien, Frankreich, Tschechien, Ungarn und Belgien gibt es diese Pflicht auch für Poliomyelitis.20-23

 

7. Weiterführende Literatur

 

8. Quellen

 [1]  https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Poliomyelitis.html;jsessionid=EED19CCE8AD7E9C52660E6005414AFE7.internet102#doc2374544bodyText2(21.07.2020): Poliomyelitis, Website des RKI

[2]   https://www.gelbe-liste.de/krankheiten/poliomyelitis-polio (21.07.2020): Poliomyelitis (Kinderlähmung), Website der Gelben Liste

[3]   Nationale Kommission für die Polioeradikation in der Bundesrepublik Deutschland in Zusammenarbeit mit dem Nationalen Referenzzentrum für Poliomyelitis und Enteroviren am Robert Koch‐Institut (2011): Leitfaden für Gesundheitsämter zum Vorgehen bei Fällen von Poliomyelitis in der Bundesrepublik Deutschland; S. 22

[4]   Bekanntmachung des Robert Koch-Institutes (2017): Liste der vom Robert Koch-Institut geprüften und anerkannten Desinfektionsmittel und -verfahren; S. 1279-1280

[5]   https://www.amboss.com/de/wissen/Poliomyelitis (21.07.2020): Poliomyelitis, Website von Amboss

[6]   https://flexikon.doccheck.com/de/Poliomyelitis (21.07.2020): Poliomyelitis, Website von DocCheck

[7]   https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen/Poliomyelitis/FAQ-Liste_Poliomyelitis_Impfen.html (14.08.2020): Schutzimpfung gegen Poliomyelitis: Häufig gestellte Fragen und Antworten, Website des RKI

[8]  https://de.wikipedia.org/wiki/Poliomyelitis#:~:text=Die%20Poliomyelitis%20(griech.%20%CF%80%CE%BF%CE%BB%CE%B9%CF%8C%CF%82%20%E2%80%9A,vorwiegend%20im%20Kindesalter%20hervorgerufene%20Infektionskrankheit.(14.08.2020): Poliomyelitis, Website von Wikipedia

[9]   https://www.frauenaerzte-im-netz.de/frauengesundheit/impfschutz-impfungen/auffrisch-indikations-impfungen-fuer-erwachsene/ (14.08.2020): Auffrisch- & Indikations-Impfungen für Erwachsene und Senioren, Website des Berufsverbandes der Frauenärzte e.V. (BVF)

[10]https://www.gelbe-liste.de/impfung/polio-impfung (09.11.2020): Polio-Impfung, Website der Gelben Liste (hier gelangt man durch weitere Auswahl der Impfstoff-Art zu den einzelnen Präparaten)

[11]https://de.wikipedia.org/wiki/Impfung#Aktive_Impfung (31.08.2020): Impfung, Website von Wikipedia

[12]https://de.wikipedia.org/wiki/Polioimpfstoff#Oraler_Polioimpfstoff_(Sabin,_OPV)Sta (31.08.2020): Polioimpfstoff, Website von Wikipedia

[13]https://www.faz.net/aktuell/wissen/medizin-ernaehrung/polio-richtig-impfen-gegen-kinderlaehmung-13109926-p2.html (31.08.2020): Richtig impfen gegen Kinderlähmung, Website der Frankfurter Allgemeinen Zeitung

[14]  https://www.impfen-info.de/impfempfehlungen/fuer-jugendliche-12-17-jahre/kombinationsimpfstoffe.html(31.08.2020): Kombinationsimpfstoffe für Jugendliche, Website der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)

[15]https://www.impfen-info.de/impfempfehlungen/fuer-kinder-0-12-jahre/kombinationsimpfstoffe.html (31.08.2020): Kombinationsimpfstoffe für Kinder, Website der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)

[16]https://www.who.int/wer/2016/wer9112.pdf (09.11.2020): „Polio vaccines: WHO position paper – March 2016“ (S. 153), aus „Weekly epidemiological record“

[17]https://www.impfen-info.de/impfempfehlungen/fuer-erwachsene/polio-kinderlaehmung/ (03.09.2020): Polio-Impfung bei Erwachsenen, Website der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)

[18]  ]https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2020/Ausgaben/26_20.pdf?__blob=publicationFile(03.09.2020): Epidemiologisches Bulletin Nr. 26/2020 – „STIKO-Empfehlung zur Grundimmunisierung mit dem 6-fach-Impfstoff DTaP-IPV-Hib-HepB im Säuglingsalter nach dem 2+1-Impfschema“ (S. 15-16), Herausgeber: RKI

[19]  https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2016/Ausgaben/04_16.pdf?__blob=publicationFile(03.09.2020): Epidemiologisches Bulletin Nr. 4/2016 – „Stellungnahme der STIKO zur Anwendung von Tdap- bzw. Tdap-IPV-Impfstoffen für die Erstimmunisierung von Personen ab dem Alter von 4 Jahren“ (S. 31-32), Herausgeber: RKI

[20]  https://www.euro.who.int/de/health-topics/disease-prevention/pages/news/news/2016/04/poliomyelitis-polio-and-the-vaccines-used-to-eradicate-it-questions-and-answers (03.09.2020): Poliomyelitis und Impfstoffe zu ihrer Ausrottung – Fragen und Antworten, Website der Weltgesundheitsorganisation, Regionalbüro für Europa

[21]  https://vaccine-schedule.ecdc.europa.eu/Scheduler/ByDisease?SelectedDiseaseId=4&SelectedCountryIdByDisease=-1 (03.09.2020): Poliomyelitis: Recommended Vaccinations, Impfkalender des European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC)

[22]  https://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/impfpflicht-in-diesen-eu-laendern-funktioniert-sie-a-1259575.html(03.09.2020): Wo die Impfpflicht gilt - und wie sie wirkt, Website von Spiegel Gesundheit

[23]  https://de.wikipedia.org/wiki/Impfpflicht (03.09.2020): Impfpflicht, Website von Wikipedia

[24]  https://www.pei.de/SharedDocs/FAQs/DE/impfen-impfstoffe/enthalten-impfstoffe-aluminium.html#:~:text=Kein%20Impfstoff%20enth%C3%A4lt%20reines%20Aluminium,R%C3%B6teln%20und%20Windpocken%20(Varizellen). (09.11.2020): Enthalten Impfstoffe Aluminium?, Website des Paul-Ehrlich-Instituts

[25]  Klaus Langer: Adjuvanzien im Europäischen Arzneibuch, Pharmakon Nr. 5/2020 (S. 354)

[26]  Peter-Andreas Löschmann, Franziska Zügel, Christof von Eiff: Aluminium als etabliertes Adjuvans in Impfstoffen von Pfizer, Pharmakon Nr. 5/2020 (S. 331)

[27]  https://portal.dimdi.de/amispb/doc/pei/Web/2607442-palde-20140301.pdf (09.11.2020): Gebrauchsinformation für Anwender: Boostrix Polio, Informationen vom Hersteller GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG

[28] https://www.bfr.bund.de/de/fragen_und_antworten_zu_aluminium_in_lebensmitteln_und_verbrauchernahen_produkten-189498.html (27.01.2021): Fragen und Antworten zu Aluminium in Lebensmitteln und verbrauchernahen Produkten, Website des Bundesinstituts für Riskikobewertung